Bild des Monats - Juni

Der Schleiernebel, auch bekannt als Cygnus-Schleiernebel oder Nördlicher Schleiernebel, ist ein eindrucksvoller Supernova-Überrest im Sternbild Schwan (Cygnus). Er ist das Ergebnis einer gewaltigen Sternenexplosion, die sich vor etwa 10.000 bis 20.000 Jahren ereignete. Dieser Nebel ist einer der faszinierendsten Überreste einer Supernova und ein beliebtes Ziel für Astronomen und Astrofotografen aufgrund seiner komplexen und filamentartigen Struktur.

 

Größe und Entfernung

 

Der Schleiernebel erstreckt sich über ein beeindruckendes Gebiet von etwa 130 Lichtjahren im Durchmesser, was ihn zu einem der größten bekannten Supernova-Überreste macht. Er ist rund 2.400 Lichtjahre von der Erde entfernt und erstreckt sich am Himmel über einen Bereich von etwa 3 Grad, was etwa dem Sechsfachen des Vollmond-Durchmessers entspricht. Die gesamte Struktur des Nebels wird oft in verschiedene Abschnitte unterteilt, darunter der Östliche Schleier (NGC 6992) und der Westliche Schleier (NGC 6960). Ein weiterer markanter Teil ist der sogenannte Hexenbesen-Nebel (NGC 6960), der sich am Rand des Nebels befindet.

 

Die Supernova und ihre Überreste

 

Der Schleiernebel entstand durch die Explosion eines massereichen Sterns, der in einer Supernova endete. Dieser Stern, wahrscheinlich etwa 15-20 Mal so massereich wie die Sonne, verbrauchte in seinem Kern seinen nuklearen Brennstoff, was zu einem Kollaps des Kerns führte. Dabei wurde eine enorme Menge an Energie freigesetzt, die den Stern in einer gewaltigen Explosion auseinander riss. Solche Supernovae gehören zu den energiereichsten Ereignissen im Universum und haben weitreichende Auswirkungen auf ihre Umgebung.

 

Die Schockwellen der Supernova breiteten sich durch das interstellare Medium aus, wobei sie Gas und Staub in ihrer Umgebung komprimierten und erhitzten. Diese Prozesse erzeugten die leuchtenden Filamente, die wir heute als den Schleiernebel sehen. Der Nebel besteht hauptsächlich aus ionisiertem Wasserstoff, Sauerstoff und Schwefel, die von den Überresten der Sternexplosion zum Leuchten angeregt werden. Die hellen, bunten Filamente des Nebels geben dabei Aufschluss über die chemische Zusammensetzung des ehemaligen Sterns und seiner Umgebung.

 

Astrophysik einer Supernova

 

Eine Supernova ist das explosive Ende eines massereichen Sterns und resultiert aus einem komplexen astrophysikalischen Prozess. Der Stern verbraucht im Laufe seines Lebens den Wasserstoff in seinem Kern durch die Kernfusion und fusioniert nach und nach schwerere Elemente wie Helium, Kohlenstoff und Sauerstoff. In den letzten Phasen fusionieren sogar schwerere Elemente wie Silizium zu Eisen. Eisen kann jedoch nicht mehr weiter fusioniert werden, um Energie freizusetzen, weshalb der Kern instabil wird.

 

Sobald die Fusionsprozesse enden, kollabiert der Kern des Sterns unter der Schwerkraft und löst einen katastrophalen Kollaps aus, der zu einer gewaltigen Explosion führt. In diesem Moment werden die äußeren Schichten des Sterns mit unglaublicher Energie in den Weltraum geschleudert, während der Kern zu einem Neutronenstern oder, bei extrem massereichen Sternen, zu einem Schwarzen Loch kollabiert. Die bei einer Supernova freigesetzte Energie kann in wenigen Sekunden mehr Licht abgeben als die gesamte Lebensdauer des Sterns.

 

Supernovae haben eine wichtige Rolle im Universum, da sie schwere Elemente, die in den Sternen gebildet wurden, in den interstellaren Raum freisetzen. Diese Elemente bilden die Bausteine für die nächste Generation von Sternen und Planeten. Die Schockwellen einer Supernova können auch die Entstehung neuer Sterne aus dichten Gaswolken anregen.

 

Weitere Beispiele von Supernova-Überresten

 

Neben dem Schleiernebel gibt es viele andere bekannte Supernova-Überreste, darunter:

 

Krebsnebel (M1): Ein berühmter Überrest einer Supernova, die im Jahr 1054 von chinesischen und arabischen Astronomen beobachtet wurde. Der Krebsnebel befindet sich im Sternbild Stier und enthält im Zentrum einen Pulsar – den Überrest des explodierten Sterns.

Cassiopeia A: Ein weiterer markanter Supernova-Überrest im Sternbild Kassiopeia. Cassiopeia A ist etwa 11.000 Lichtjahre entfernt und wird intensiv untersucht, da er relativ jung ist und etwa vor 300 Jahren explodierte.

Tycho’s Supernova-Überrest: Dies ist der Überrest einer Supernova, die 1572 von Tycho Brahe beobachtet wurde. Diese Supernova markiert das explosive Ende eines Weißen Zwergsterns in einem Doppelsternsystem.

 

Mythologische Geschichte des Sternbildes Schwan (Cygnus)

 

Der Schleiernebel liegt im Sternbild Schwan (Cygnus), das eine lange mythologische Tradition hat. In der griechischen Mythologie wird der Schwan oft mit der Geschichte von Zeus und Leda in Verbindung gebracht. Zeus verwandelte sich in einen Schwan, um Leda, die Königin von Sparta, zu verführen. Aus dieser Verbindung soll Leda die Zwillinge Kastor und Pollux sowie Helena, die spätere Königin von Troja, zur Welt gebracht haben.

 

Eine weitere Erzählung verbindet das Sternbild mit dem tragischen Helden Phaeton, dem Sohn des Sonnengottes Helios. Phaeton versuchte, den Sonnenwagen seines Vaters zu lenken, verlor jedoch die Kontrolle und brachte die Erde in Gefahr. Als er von Zeus getötet wurde, fiel Phaeton in den Fluss Eridanos. Sein Freund Kyknos, der verzweifelt nach ihm suchte, wurde schließlich von den Göttern in einen Schwan verwandelt und am Himmel verewigt.

 

Das Sternbild Schwan liegt auf der Sommermilchstraße und ist eines der prominentesten Sternbilder des nördlichen Himmels, das sich leicht durch das helle Sternenband der Milchstraße erkennen lässt.

 

Die Bedeutung der Hubble-Palette in der Astrophotographie

 

Die Hubble-Palette ist eine spezielle Methode der Bildverarbeitung in der Astrophotographie, die bei der Darstellung von Emissionsnebeln und Supernova-Überresten verwendet wird. Sie basiert auf der Schmalbandfotografie, bei der bestimmte Wellenlängen des Lichts von ionisierten Gasen aufgenommen und künstlich eingefärbt werden. Die Hubble-Palette nutzt folgende Farbcodierung:

 

Schwefel-II-Emission (S II) wird in Rot dargestellt.

Wasserstoff-Alpha-Emission (Hα) wird in Grün angezeigt.

Sauerstoff-III-Emission (O III) wird in Blau gezeigt.

 

Diese Farbkodierung ist nicht natürlich, sondern wird verwendet, um die verschiedenen chemischen Elemente, die in einem Nebel vorkommen, sichtbar zu machen. Dadurch werden Details deutlich, die im sichtbaren Lichtspektrum nicht so klar zu erkennen wären. In der Astrophysik hat diese Methode enorme Bedeutung, da sie hilft, die physikalischen Eigenschaften und Prozesse in Supernova-Überresten und anderen Nebeln zu analysieren. Die beeindruckenden Farbbilder, die dadurch entstehen, sind nicht nur von wissenschaftlichem Interesse, sondern auch ästhetisch äußerst eindrucksvoll.